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Demokratie stärken

In unserer parlamentarischen Demokratie entwickelt sich immer mehr eine Vertrauenslücke zwischen der Bevölkerung und den politischen Repräsentanten in den Parlamenten sowie den Verwaltungen. Die Wahlbeteiligungen gehen zurück und in gleichem Maße nehmen Misstrauen und Proteste gegen Planungen und Entscheidungen von Politik und Verwaltung zu. Immer mehr Menschen wenden sich Parteien und Personen zu, die unser politisches System verachten. Bürger können aber mehr als wählen, abstimmen oder protestieren, sie verfügen über vielfältige Kompetenzen der unterschiedlichsten Art.

In einem Papier des Deutschen Städtetages zur Weiterentwicklung lokaler Demokratie heißt es u.a.: „Eine umfassende -formelle wie informelle- Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an Planungsprozessen und anderen kommunalpolitischen Entscheidungen ist geeignet, deren Qualität und Akzeptanz entscheidend zu verbessern. Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern muss von Rat und Verwaltung als Chance verstanden werden.“

Leider haben unsere Anträge auf Einführung eines Bürgerhaushaltes und Erstellung einer Leitlinie für Bürgerbeteiligung in der letzten Gemeinderatssitzung keine Mehrheit gefunden. Der Widerstand gegen einen Bürgerhaushalt zum jetzigen Zeitpunkt von Verwaltung und der Mehrheit des Gemeinderates ist nachvollziehbar,  konkrete Überlegungen und Entscheidungen, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form eine informelle Bürgerbeteiligung sinnvoll und hilfreich sein kann, halten wir jedoch weiterhin für erforderlich.

Wir begrüßen daher die von einer knappen Gemeinderatsmehrheit beschlossene Einrichtung einer Arbeitsgruppe von Mitgliedern aus Verwaltung und Gemeinderat.

Konkrete Bürgerbeteiligung bedeutet mehr als die Möglichkeiten der Bürgerfragestunde im  Gemeinderat zu nutzen. Es geht um mehr, als um das Durchsetzen angeblich individueller Rechte, denn es geht um das Gemeinwohl unserer Stadt und letztlich um unser demokratisches Grundverständnis. Die Hoffnung stirbt zuletzt und wir hoffen, dass mit einer gelebten Bürgerbeteiligung demokratisches Gemeinwohl weiterhin eine Zukunft hat.

Die Ergebnisse von Bürgerbeteiligungen sind von Gemeinderat und Verwaltung im Rahmen einer Selbstverpflichtung angemessen zu würdigen und in der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.Es gehört jedoch zu den unumstößlichen Grundsätzen aller Beteiligungsformen, dass die Letztentscheidungskompetenz den gewählten Repräsentanten zusteht.

Wir freuen uns auf die Ideen und Vorschläge aus der Bürgerschaft.

Rolf Schneider, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Gemeinderat Gerlingen

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