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Freihandel ja, Abwicklung der Demokratie: Nein!

"Wenn wir die Chancen eines freien Handels mit dem riesigen amerikanischen Markt nutzen wollen, können wir nicht mehr jede Wurst und jeden Käse als Spezialität schützen." Das hat Agrarminister Schmidt kürzlich in einem Spiegel-Interview erklärt und damit die Katze aus dem Sack gelassen: Natürlich wird TTIP - entgegen anderslautender Beteuerungen der Bundesregierung - zur Aufweichung der Qualitätsstandards aufdem Lebensmittelmarkt in Deutschland führen. Aber das ist leider noch lange nicht alles. Das eigentliche Problem ist: Das Freihandelsabkommen TTIP ist ein Angriff auf unsere Demokratie! Dies unterscheidet TTIP von allen anderen Freihandelsabkommen davor. Und das, liebe foodwatch-Interessierte, besorgt mich zutiefst.

Erklärtes Ziel des Abkommens ist es, Vorschriften zu beseitigen, die den transatlantischen Handel behindern. Es sollen vermeidbare Kosten für Unternehmen eingespart werden. Das können technische Vorschriften sein, zum Beispiel unterschiedliche Schraubenlängen und Blinkerfarben für Autos, aber eben auch die Spezialitäten-Kennzeichnung von Lebensmitteln, die in Europa anders gehandhabt wird als in den USA. Dieser Unterschied erschwert den Verkauf von amerikanischen Lebensmitteln nach Europa  - und kann deshalb als "Handelshemmnis" bezeichnet werden.

Handelshemmnisse abzuschaffen wäre grundsätzlich ja nichts Schlechtes. Aber die Gefahr ist folgende: Nestlé, Unilever und Co., aber auch Agrar-Konzerne wie Monsanto diesseits und jenseits des Atlantiks, haben überhaupt kein Interesse, die Verhältnisse in der Landwirtschaft und auf dem Lebensmittelmarkt zum Schutz der Verbraucher zu verbessern. Und die sind beiderseits des Atlantiks schlecht: Gülle und Trinkwasserverschmutzung, massiver Einsatz von Pestiziden und Antibiotika, sowie tierquälerische Massentierhaltung einerseits, zu fette, salzige, süße Nahrungsmittel und Irreführung der Verbraucher
andererseits.

Doch zukünftige Gesetze, die diese verheerenden Zustände beseitigen, könnten erfolgreich abgeschmettert werden mit dem Argument, man dürfe die Handelsinteressen des Partners nicht verletzen.

Die Folge: Wir werden entmachtet!

Wie ist das möglich? TTIP ist ein völkerrechtliches Abkommen. Gesetze, die die EU nach Inkrafttreten des TTIP-Vertrages beschließt, dürfen deshalb den Bestimmungen von TTIP nicht widersprechen.

Würde die EU zum Beispiel die Einführung der Lebensmittelampel beschließen, obwohl der TTIP-Vertrag diese Kennzeichnungsform bereits verboten hat, verstieße die EU damit gegen das Völkerrecht. Die Folge wären Klagen und Vertragsstrafen! Und damit wäre die Ampel ein für alle Mal vom Tisch! Auch eine verbindliche Verbesserung der Tierhaltung oder die Einführung einer aussagekräftigen Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln - um nur einige Beispiele zu nennen - könnten wir uns dann endgültig abschminken.

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