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TTIP – so nicht! - Teil 1

Zitat: Freihandel ist gut, wenn er die Bürgerrechte und soziale Marktwirtschaft schützt. Freihandel ist ein Desaster, wenn er dem Raubtierkapitalismus die Tür öffnet.

Wirtschaftsprofessor Dr. Max Otte in der ARD-Sendung v. 16.5.15 “Wohlstand für alle – Was bringt das Freihandelsabkommen TTIP (siehe ardmediathek.de)

 

Das Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership - deutsch: Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft) zwischen den USA und der Europäischen Union, wird seit Sommer 2013 verhandelt. In ihm geht es um die Beseitigung von Handelshemmnissen mit dem Ziel von mehr Wettbewerb mit der Folge von mehr Umsatz und mehr Arbeitsplätzen. Das soll über die Angleichung der teils sehr unterschiedlichen Standards in den USA und Europa geschehen.

Es geht jedoch bei TTIP um viel mehr als um Handelserleichterungen. Es geht um die Frage, wem der Welthandel dient: dem Schutz der Investoren und ihrem Recht auf Rendite oder einer möglichst gerechten und nachhaltigen Entwicklung für viele Menschen, nicht nur in Europa und den USA.

Das derzeitige Verhandlungsmandat von TTIP bietet für “die Schutzbedürftigkeit der in der Wirtschaft stehenden Schwächeren” (Professor Otte) keine Grundlage. Es sehe nämlich die gleichen Mechanismen vor wie NAFTA, dem vor mehr 20 Jahren abgeschlossenen großen Freihandelsabkommen zwischen Nordamerika und Mexiko. Dessen Arbeitsplatz- und Wohlstandsversprechen haben sich für die mexikanischen Bauern und die amerikanischen Arbeitnehmer nicht erfüllt, sondern sogar verschlechtert. Gewinner waren ausschließlich Konzerne und Top-Verdiener.

Mehr als 2,3 Millionen Menschen aus sieben EU-Staaten haben sich in einer “Europäischen Bürgerinitiative” gegen TTIP ausgesprochen. Sie befürchten, dass die öffentliche Daseinsvorsorge, soziale und ökologische Standards und die demokratische Grundsätze in Europa ausgehöhlt werden.

Sie sind nicht allein. Eine breite, nicht nur aus den üblich Verdächtigen bestehende Allianz, die von kommunalen Spitzenverbände einschließlich dem Verband kommunaler Unternehmen über die mittelständische Wirtschaft bis hin zu Gewerkschaften, Verbraucher- und Umweltorganisationen, Datenschützern, Kirchen, Deutschem Kulturrat und politischen Stiftungen reicht, gehört ebenfalls zu den Kritikern. Und auch in den USA nimmt die Zahl derer zu, die eine Aufweichung der in manchen Fällen höheren US-Standards in den USA befürchten (Beispiele: strengere Finanzaufsicht, schärfere Medikamentenzulassung).

Das Europaparlament verabschiedete am 8.7.2015 dennoch eine allerdings unverbindliche Resolution, die TTIP im Grundsatz befürwortet, hat aber gleichzeitig eine Menge Korrekturwünsche an die

Europäische Kommission aufgelistet und damit die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger bestätigt.

Die ellenlange Liste von Empfehlungen zeigt:

Die TTIP-GegnerInnen haben bei vielen Kritikpunkten Recht. Ihre Forderungen sind nun vom Europaparlament anerkannt. Das aktuelle Mandat ist so nicht zu retten.

Knackpunkte:

Transparenz
Infolge des öffentlichen Drucks und der Kritik aus den Reihen von Europaabgeordneten wurde die bisherige strenge Geheimhaltung etwas gelockert. Auch wurde Ende Januar 2014 von der Europäischen Kommission ein Beratungsgremium (Advisory Group), eingerichtet, deren Mitglieder in gewisse Dokumente – nicht alle – Einsicht nehmen dürfen. Alle nicht als vertraulich eingestuften EU-Dokumente zu den Verhandlungen können jetzt einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Dies gilt jedoch nicht für US-Papiere oder für konsolidierte Dokumente, in denen gemeinsame Positionen festgehalten werden.
 Dagegen hat selbst Bundestagspräsident Lammert ein Protestschreiben an die US-Regierung gerichtet. Die Antwort: Es bleibt beim Verbot. Weder Abgeordneten der EU noch der Landesparlamente wird Einsicht gewährt.

Der genaue Stand der Gespräche ist  also nur in Teilen nachzuvollziehen. Fertig verhandelte völkerrechtliche Verträge wie TTIP können vom EU Parlament bzw. von den Parlamenten der EU-Mitgliedsstaaten nicht mehr „aufgeschnürt“ werden. Die Parlamente können nur noch „Ja“ oder „Nein“ sagen.

 

 

Investorenklagen/Schiedsgerichte
Die im TTIP vorgesehenen privaten Schiedsgerichte(oder nach neuer Idee: eigens einzurichtende Handelsgerichte) bedeuten eine Einschränkung der gesetzgeberischen Spielräume der Parlamente und sind eine Paralleljustiz. Wenn Gesetze im Widerspruch zu TTIP stehen, können Konzerne Schadensersatzforderungen geltend machen undgegen den Staat klagen und damit Gesetze zum Schutz von Mensch und Umwelt verhindern. Das geschieht schon auf Grundlage von speziellen Abkommen. Beispiel: Der schwedische Stromkonzern Vattenfall hat aufgrund eines bestehenden Investorschutzgesetzes in Hamburg eine Lockerung von Umweltauflagen für ein Kohlekraftwerk durchgesetzt. Zudem verklagt er die die Bundesregierung auf 4,7 Milliarden Euro Schadenersatz wegen des Atomausstiegs.

 

 

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