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Was tun? Unsere Umweltkolumne

Vorsichtig in Gras gebissen

Schön, dass immer mehr Menschen regional, saisonal und „bio“ einkaufen. Dabei muss man vieles nicht mal kaufen! Ein Großteil dessen, was bei uns im Wald, auf Wiesen oder im Garten wächst, kann man essen, angefangen bei jungen Baumblättern wie Buchen, Birken oder Linden.

Natürlich weiß inzwischen fast jeder, dass man Gänseblümchen, Giersch (viermal mehr Vitamin C als Zitronen) und Gundermann, Bärlauch und Brennnesseln, Sauerampfer, Scharbockskraut und Stiefmütterchen verputzen kann. Aber haben Sie schon mal Adlerfarn-Lebkuchen oder Mädesüß-Pudding probiert? Lavendel-Limonade, panierte Margeritenblütenknospen oder Senf aus den Samen der Knoblauchrauke? Wie wäre es mit Weißdornbeeren-Chutney, Wasserdarm-Salat, Teufelskrallen-Puffern, eingelegten Schlehen als Olivenersatz?

Wer sich durch die Natur futtern will, muss sich aber unbedingt gut auskennen. Viel besser jedenfalls als mein Mann, der unsere Kletterhortensie für Unkraut hält und statt glatter Petersilie Schnittlauch („Der sah am glattesten aus“) nach Hause bringt. Ans Wildkräutersammeln sollte man sich genauso vorsichtig herantasten wie ans Pilzesammeln. Bei Anfängern landen etwa im Verbund mit Bärlauch immer wieder auch giftige Maiglöckchen- oder Aronstabblätter im Körbchen. Diese drei Pflanzen wachsen häufig eng beieinander wie etwa im Scillawald bei Oeffingen.

Eigene Erfahrungen mit fehlender Expertise musste auch meine Familie schon machen: In unserem Garten wächst eine Konifere, die ich nach unserem Einzug für Wacholder gehalten hatte. Einige der Beeren landeten also im Herbst mal im Sauerkraut. Leider handelt es sich bei dem Busch wohl um einen Sadebaum, auch Stinkwacholder genannt. Und dessen Früchte sind giftig. Man kann beim Sammeln also nicht vorsichtig genug sein!

Außerdem schmeckt nicht alles großartig. Eine tapfere Köchin etwa hat das „thambrak“ genannte Stampfbrot mit „Mehl“ aus getrockneten Rotkleeblüten nachgebacken. Iren und Schotten sollen es in Hungerzeiten erfunden haben. Ihr Fazit: „Auch Butter konnte den heuartigen Geschmack nicht wirklich verbessern und die Konsistenz im Mund (schon mal ins Gras gebissen?) war recht gewöhnungsbedürftig...“

Wer mit dem saisonalen und lokalen Gratis-Bio-Essen anfangen möchte, findet im Buchhandel und auch im Internet Unmengen an tollen Büchern, Infos und Rezepten. Zum Einarbeiten für zuhause eignet sich prima das Werk von Eva-Maria Dreyer „Essbare Wildpflanzen Europas“. Und unkrautgourmet.blogspot.com ist eine spannende Website mit tollen Rezepten. Bon appetit!

Barbara Bross-Winkler

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