Die Atomwirtschaft will mit Aussagen, die in den letzten Wochen in den Medien verbreitet wurden, die Akzeptanz des Atomausstiegs untergraben. Weil die Bundesregierung mit ihrem Moratorium Atomkraftwerke vom Netz genommen habe, müsse Deutschland, so der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Strom importieren. Es fließe vor allem Atomstrom aus dem Ausland nach Deutschland; außerdem würden die Strompreise steigen.
Zunächst einmal: Der Import von Strom ist ein normaler Vorgang; er wird europaweit über Landesgrenzen hinweg gehandelt. Wie an der Börse wird Strom je nach Preis stündlich eingekauft oder verkauft. Deutschland importiert zum Beispiel Strom aus Frankreich oder Dänemark, exportiert dafür in die Schweiz, nach Polen, Österreich oder in die Niederlande.
Hier eine aktuelle Information von MdB Hans-Josef Fell, Sprecher für Energie der grünen Bundestagsfraktion:
„Mit einem Exportüberschuss von jährlich bis zu 22 Milliarden Kilowattstunden ist Deutschland einer der größten Stromexporteure Europas. Dazu kommt eine ungenutzte Kraftwerksreserve von 13.200 Megawatt (die sieben ältesten AKW plus das AKW Krümmel haben eine Maximalleistung von 8.400 Megawatt). Auch ohne Atomstrom bleiben also alle Lichter an.
Unter dem Strich bleibt immer: Deutschland exportiert mehr Strom als importiert wird!
Hier eine Beispielstunde vom 4. April 2011 (11-12 Uhr):
Importe
Aus Frankreich + 1.309 MW
Aus Dänemark + 45 MW
Aus Tschechien + 937 MW
Importe Gesamt + 2.291 MW
Exporte
In die Schweiz ‐ 2.536 MW
Nach Polen ‐ 619 MW
Nach Schweden ‐ 436 MW
Nach Dänemark ‐ 101 MW
Nach Österreich ‐ 291 MW
In die Niederlande ‐ 1.405 MW
Exporte gesamt ‐ 5.388 MW
Bilanz: Der Export übersteigt den Import in dieser Stunde um: 3.097 MW (wie viele andere Stunden auch).“
Die Atomkraft trägt immer weniger zur Energieversorgung bei. Der Atomstromanteil sank im Zeitraum 2000 bis 2009 von 29 auf 22 Prozent. Und auch ohne Atomstrom wird kräftig Strom exportiert werden: Im Jahr 2007 standen zeitweise sechs AKW still und trotzdem wurden 20 Milliarden Kilowattstunden exportiert.
Ilse Majer-Wehling