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Was tun? Unsere Umweltkolumne

Ältere Modelle gesucht

75 Kilo – das ist Normalgewicht für einen 1 Meter 75 großen Mann. Aber bestimmt nicht für die Menge an Lebensmitteln, die jeder von uns im Schnitt pro Jahr wegwerfen sollte. Tun wir aber. Insgesamt landen hierzulande alljährlich 12 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll. Falls diese Rechnung auch Sie ein wenig stutzen lässt (83 Millionen Bürger mal 75 Kilogramm = 6,2 Millionen Tonnen) hier die Erklärung: Nicht nur wir Endverbraucher werfen zu viel weg. Schon in der Landwirtschaft werden jene Lebensmittel erst gar nicht geerntet, die in Größe, Farbe oder Form nicht den Anforderungen des Handels entsprechen. Und nicht alle Lebensmittel überleben ihren Transport unbeschadet. Und schließlich erleben wir kaum je, dass die Geschäfte abends leergekauft sind.

Wir sind verwöhnt und erwarten allzeit alles. Auch wenn wir erst abends zum Einkaufen kommen, wollen wir viel Auswahl. Das kann nicht funktionieren, ohne dass auch in den Geschäften tonnenweise Essbares aussortiert werden muss. So entsteht der Himalaja an Essen, den wir unter hohem Energie-, Rohstoff- und Wassereinsatz herstellen - und dann wegwerfen. Niemand würde auf die Idee kommen und direkt nach dem Einkauf ein Drittel der Waren in die Tonne treten. Doch im Grunde tun wir nichts anderes, nur weniger direkt.

Meine persönliche Schamgrenze war an jenem eisigen Wintertag vor einigen Jahren überschritten, an dem ich den Inhalt unserer proppenvollen Gefriertruhe in Waschkörbe kippte, um endlich an Forellen unten in der Truhe zu gelangen. Die hatte unser Sohn zehn Jahre zuvor mit Freunden geangelt. Tiere töten, damit sie im Müll landen, das geht gar nicht. Seither habe ich meine Einkaufs- und Einfriergewohnheiten geändert und mache einiges besser, nicht alles und nicht immer, aber immer öfter. Zuhause plane ich, was auf den Tisch kommen soll und mache eine Einkaufsliste. So landet deutlich weniger im Wagen. Bei der Gärtnerin meines Vertrauens kann man auch nur drei Karotten oder eine Handvoll Champignons kaufen. Wenn ich weiß, dass ich noch am Abend Lachs braten will, suche ich nach einem „älteren“ Modell, das sonst vielleicht aussortiert würde. Und wer vier Liter Milch mitnimmt, kann einen kaufen, der in Richtung Verfallsdatum unterwegs ist. Hab ich doch mal wieder zu viel gekocht, frage ich nette Nachbarn, ob sie Hunger haben. Natürlich nur, wenn das Essen aus meiner Sicht sehr annehmbar ist. Falls Sie Anregungen – auch zu anderen Umweltthemen - haben, freuen wir uns über eine Mail an vorstand@gruene-gerlingen.de.

Barbara Bross-Winkler

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